in den Betrachtungen des Fussballs im letzten Post sind schon Gesellschaftstheorien angeklungen, aber fraglos gibt es mehr Fehler als Fehlpässe und dergleichen. Die beschäftigen nicht nur mich, sondern meine These ist, dass alle sich durch die Fehler anderer definieren — in verschiedenster Hinsicht — und dass das eigene Verhalten ebenso durch das eigene Begreifen von richtig und falsch geleitet wird.
Ein paar Überlegungen, die weniger zum Fussball passen, habe ich hier aufgeschrieben:
-
Das weite Feld der Werte und Normen bietet unendliche Fehlerquellen, die lebenslang gelernt werden( müssen). Das Ende von Freundschaften und sozialer Ausschluss sind normale Konsequenzen, wenn jemand etwas in den Augen Anderer Fehlerhaftes tut.
-
Solange diese Fehlerdefinitionen aus den Urteilen Einzelner bestehen, sind sie für Andere nicht zwingend: nur weil ich Soldaten als Menschenfeinde und Neonazis als Mörder betrachte, müssen diese ihr Tun nicht zwingend als fehlerhaft empfinden, sondern im Gegenteil, sie finden in der pluralen Gesellschaft bestimmt einen Stammtisch, der sie respektiert, und an dem ebenso mein Tun als fehlerhaft erachtet wird.
-
Ob Fussball an sich schon ein Fehler ist, wage ich zu bezweifeln, denn er ist eigentlich nur rund und voller Luft. Was damit angestellt wird: FIFA, DFB, Bayern, Borussia, Schalke und Sankt Pauli, Eintracht, Wettbewerb, Männersport und Fanatismus, gehört allerhand kritisiert. Die Abneigung, die dem Fussball im kommunistischen Salon entgegengeschleudert wird, scheint die der gekränkten Schulhofsbewohner zu ähneln, die immer ins Tor gestellt wurden, die Freuden der Fussballer deshalb nicht teilen, und sie darum auch nur von oberflächlich kritisieren.
-
Es finden sich immer auch Fussballanhänger, die der Sozialkritik das sozialkritische Potenzial des Fussballs, der Identitätshuberei das individualistische Player’s Game oder der Nationalismuskritik den internationalen Klassenkampfcharakter entgegenhalten. Der Ball an sich aber ist perfekt, der Fehler erklärt sich nicht aus der Sache, sondern aus dem falschen Bewusstsein davon.
-
Wenn ein Fehler in einem selbstbestimmten Urteil aus vernünftigen Gründen als Fehler eingesehen wird, notwendig und generell ein Fehler ist, stellt sich die Frage, wie ich eine Person behandele, die diesen Fehler begeht. Ein vom Staat als Unrecht übersetzter Fehler bietet die Möglichkeit strafrechtlicher Reaktion und Verfolgung. Wenn ich es aber schon für einen Fehler halte, wenn Tausende ihre unterschiedslose Gemeinsamkeit in Vereinsfarben auf die Straße tragen, oder wenn Neonazis mit Fackeln durch die Dörfer ziehen, bleiben meine Möglichkeiten beschränkt. Die „Öffentlichkeit“ sieht darin keine Fehler, solange die Innenstädte heile bleiben, und keine Menschen angezündet werden, oder es die „richtigen“ trifft.
-
Moderne Staaten haben das Recht eingerichtet, das Fehler definiert. Derartige Verstöße werden in polizeilichen Führungszeugnissen festgehalten, sind arbeitsmarktrelevant und „kleben“ somit an der Person. Unter den Umständen der Sicherheitsverwahrung bedeutet ein Fehler permanenten Entzug der Freiheit.
-
Nicht zuletzt eine gesonderte Betrachtung bedarf die Stellung der Frau im Fussball. Beachtlich finde ich zunächst die gängige Begründung, warum Frauen nicht mit Männern zusammen spielen sollten: weil sie Frauen sind. Sie könnten weitestgehend fehlerfrei Fussball spielen, dann wird in ihrer physischen Konstitution der Grund gesucht. Wenn sie ihren Körper den männlichen Athleten gleich trainieren würden, wird wiederum ein Strick daraus gedreht: fetthaltiges Bindegewebe bräuchten sie zumindest in der Brust zum Kinder-Stillen(, wobei das Kinderkriegen sich natürlich auch schon auf sportliche Leistungen auswirkt).
-
Die Körper spielen für Sport selbstverständlich eine Rolle. Beim Fussball spielen die kleinen, schmächtigen Menschen üblicherweise links- oder rechtsaussen. Dabei ist der normale( und normative) Umgang – auch mit Frauen – ein doppelt machistischer: entweder sollen schwächere Körper nicht mitspielen, damit die Teilnahme am Sport überhaupt schon eigene Überlegenheit bedeutet, oder aber die Teilnahme wird erlaubt und die eigene Überlegenheit wird durch scheinbar rücksichtsvolles Verhalten dargestellt. Beides ist verrückt, denn der Umgang miteinander innerhalb des männerbündischen Fussballs kennt beides nicht; da dürfen alle mitspielen, auch wenn sie dick, dünn oder langsam sind und mit ihren Körpern wird meistens sportlich umgegangen.